
Eine zeitlose Hommage an den Pferdesport und das womöglich beste Steak der Stadt in Clubatmosphäre: Ralph Laurens neue Polo Bar in Manhattan.
Vor der Tür von Ralph Laurens Polo Bar, dem neuen Restaurant des patriotischsten unter den amerikanischen Modemachern, steht ein Türsteher mit Liste. Er könnte auch Model sein und trägt, natürlich, Polo. Und er ist unerbittlich. Denn genauso sorgfältig kuratiert wie Ralph Laurens Sammlungen an Kunst, wertvollen alten Autos und silbernem Navajoschmuck wünscht er sich in der Polo Bar seine Gäste. „Ich kann nicht anders, als mir den Raum gefüllt mit Persönlichkeiten vorzustellen“, sagt der 75-Jährige, der sowohl im Smoking als auch im karierten Cowboyhemd zu Jeans noch immer eine blendende Figur macht. Er isst selbst bereits jeden zweiten Abend chez lui – oft mit Ehefrau Ricky an seiner Seite. „Genauso wie ich mit meinen Kleidern Geschichten erzähle und mir meine Kollektionen als Filme mit glamourösen Heldinnen und Helden vorstelle, kreiere ich auch meine Restaurants“, sagt Lauren, dem dieses Kunststück bereits in Chicago und Paris gelungen ist. „Und ich denke schon darüber nach, wen ich gern durch die Türen kommen sehen würde.“
Mit der neuen Adresse in seiner Heimatstadt New York tritt Lauren in traditionsreiche Fußstapfen. In den 1960er-Jahren beherbergten die Räumlichkeiten das Restaurant La Côte Basque. Die New Yorker Gesellschaft von Jacqueline Kennedy über Babe und William S. Paley bis hin zu C. Z. Guest und Truman Capote gab sich hier die Klinke in die Hand. Dass auch Ralph Laurens neue Restaurantvision ein illustres Publikum anziehen wird, daran besteht kein Zweifel – Türsteher hin oder her. Sogar Woody Allen hat sich in den ersten zehn Tagen schon zweimal sehen lassen, obwohl er sich sonst eher selten zeigt. Ein bisschen fühlt sich die Polo Bar gegenüber des St. Regis Hotels und direkt neben dem ebenfalls erst kürzlich eröffneten Polo-Flagshipstore an der Fifth Avenue Ecke 55th Street an, als wäre sie schon immer hier gewesen – und auch so schnell nicht mehr wegzudenken.
Wer also den Türsteher mit seiner Liste passiert hat, auf den warten Robin, ein nicht aus der Ruhe zu bringender 25-jähriger Barkeeper aus Südkalifornien, und seine Kollegen. Und eine mächtige Bar aus Eichenholz mit Messing, eine in echter Lauren-Tradition mit gealtertem Sattelleder bezogene Sitzbank und Kiefernholzregale an den Wänden, die aus einer über 150 Jahre alten Textilfabrik in Alabama stammen. Hier steht die Zeit im sonst so quirligen Manhattan zumindest für einen Moment still.
Im Einklang mit dem Amerika-Motto ist die Auswahl an Drinks stark Bourbon-lastig. Wer Kentuckys berühmtestem Export nichts abgewinnen kann, dem mixt der Barmann aber auch flugs einen Moscow Mule – „Tito’s Vodka, Ingwer, Zitrone“ – der im Kupferbecher serviert wird.
Und wem es an der Bar immer noch zu hektisch zugeht, der begibt sich einfach nach nebenan ins zwanglose Kaminzimmer, dessen Cheminee verkleidet mit grünem Marmor und einem geschnitztem Sims aus Kiefernholz das lodernde Feuer dekorativ umrahmt. „Ich möchte, dass man sich sofort zu Hause fühlt, wenn man durch die Tür kommt“, meint Lauren, „und einer baldigen Rückkehr mit Freude entgegen sieht, wenn man die Polo Bar verlässt.“
Das wahre Herzstück des Restaurants befindet sich jedoch im Untergeschoss, und auch wenn der Speiseraum dort Platz für 140 Gäste bietet, fühlt er sich nicht weniger intim an, als die oberen Räumlichkeiten. Die Decke ist honigfarben, Ecken und Nischen sind mit tiefgrünem Billiardtisch-Stoffbezügen verkleidet, auf den Lederbänken macht man es sich zwischen Kissen im Schottenkaro gemütlich. Es riecht förmlich nach Lagerfeuer und Holzspänen, womöglich helfen auch Lauren-Duftkerzen ein wenig nach.
Die Karte ist ebenso klassisch wie amerikanisch und reflektiert die kulinarischen Vorlieben des Hausherrn: Den „Polo Bar Burger“ mit Bacon und Cheddar-Käse zum Beispiel, Salate oder Steaks. Das Fleisch für mit „Ralph Lauren“ gekennzeichnete Speisen kommt direkt von Laurens Ranch in Colorado. Die hausgemachte Kaffeeeiscreme verdankt ihren intensiven Geschmack einer speziellen Kaffeemischung, die ebenfalls inhouse, im Ralph’s Coffee im benachbarten Polo Store komponiert wird. Nur die Bohnen stammen nicht aus den USA, sondern aus Peru. „Ich liebe den Mix – die elegante Atmosphäre und den Komfort guten Essens“, schwärmt Lauren, der die Speisen als „witzig und vielseitig“ beschreibt. „Hier gibt es eine Wärme und Rustikalität, die etwas ganz besonderes ist.“ Zu der tragen unter anderem auch die unzähligen Kunstwerke an den Wänden bei – eine Ode an das sportliche Reiterleben, das die Marke Polo verkörpert. Darunter auch ein Gemälde des britischen Künstlers Allen F. Brewer Jr., das die berühmten Vollblüter Citation und Man o’ War darstellt, einst im Gouverneurssitz in Kentucky hing und nun die Westwand der Polo Bar schmückt.
Auch bei den Accessoires wurde nichts dem Zufall überlassen: Die Kristallgläser und silbernen Cocktail-Shaker stammen aus der hauseigenen Ralph-Lauren-Home-Kollektion, während die Gedecke für die Polo Bar exklusiv in England angefertigt werden. Auch die Kellner sind mit grauen Flanellhosen, Oxfordhemden, klassischen Ralph-Lauren-Krawatten und Brogues angemessen ausgestattet. „Die Polo Bar repräsentiert einen bestimmten Stil, den ich liebe, einen feinsinnigen Charme, den Geist der Zeitlosigkeit“, sagt Lauren sichtlich stolz.
Dieser Charme gilt auch für den Trostpreis im Rennen um die kostbaren Plätze in der Polo Bar: Zumindest denselben Kaffee und dieselbe köstliche Eiscreme bekommt man auch nebenan imRalph’s Coffee, und in der angeschlossenen Bibliothek sogar noch ein wenig mehr Raum und Ruhe. Auf Woody Allen und Naomi Campbell allerdings trifft man halt doch nur im Original.